
Viele Situationen, noch mehr Konfrontationen
Jeder ist wohl schon einmal in einer solchen Situation gewesen, ob beim Einkaufen an der Gemüsetheke, auf der Arbeit, an der Kinokasse oder beim Spaziergang. Man wird bedrängt, beleidigt, gar gemobbt, vor versammelter Runde und in aller Öffentlichkeit diffamiert oder bekommt einen stummen Mittelfinger und die Zunge gezeigt. Was kann man machen?
An Ort und Stelle relativ wenig. Den langen rechtlichen Weg zu gehen ist oft mühsam und zehrt nicht nur finanzielle Ressourcen auf. Kurzum: man ist machtlos.
Es folgen Unmut, Wut, gar eine Depression. Eine der am meisten unterschätzten Diagnosen, die von vielen belächelt wird, da man sie selten jemanden ansieht. Was dazukommt, sind also noch mehr Konfrontationen, laue Sprüche und Beleidigungen. Von wegen Depressionen gäbe es nicht, man solle sich zusammenreißen, ein Mann sein, sich nicht so anstellen oder andere Empfehlungen.

Die Folgen dafür sind nicht nur für die Betroffenen destruktiver Natur, sondern kosten Krankenkassen und Steuerzahler jährlich Milliarden. Begonnen von Angstzuständen, die zu ständigen Arbeitsausfällen oder komplettem Burnout führen.
Ein signifikantes Mehr im Straßenverkehr
Im Straßenverkehr ist dies zu beobachten – die Straßenweißglut, die im Englischen als road rage bekannt ist. Während diese besonders im Unterland in Übersee – Amerika – regelmäßig eskaliert und in den Nachrichten erscheint, beschränkt es sich in Deutschland auf neun offizielle Straßenregeln. Dennoch herrscht oftmals Anarchie. Immer wieder muss die Polizei wegen minimalsten Blechschäden oder einer Vorfahrtmissachtung ausrücken, die zu einer Schlägerei ausartet. Nicht selten werden dabei Polizeibeamte verletzt.
Besonders in den sozialen Medien hat der Hass in Form von Beleidigungen, die von einem einfachen „Idiot“ bis hin zu schwerwiegenden, rassistischen und menschenverachtenden Aussagen reichen, zugenommen. Auch, wenn mittlerweile vermehrt mit zahlreichen Projekten und Kampagnen gegen Hass im Netz vorgegangen wird, hat es den Anschein, als bräuchte es eine weitaus härtere, vor allem einfacher durchführbare erzieherische Maßnahmen.
Social media made y’all way too comfortable with disrespecting people and not getting punched in the face for it.
MIKE TYSON
Damit soll nun Schluss sein. Als erster von siebenundzwanzig Mitgliedsstaaten der Europäischen Union führt Deutschland das Faustrecht wieder ein, um der schier unbezwingbaren Masse an Kleindelikten wieder Herr zu werden.
Schlichter und Schiedsrichter
Sollte sich das Gegenüber nicht einsichtig zeigen und mit ehrlicher Reue und einer Entschuldigung aufwarten, so kann je nach Schwere ab sofort auch die Hand erhoben werden. Dabei wird unterteilt in Nackenschlag, Nackenschelle, oder bei groben Beleidigungen, Kinnhaken und sogar ein Rundhaustreter, der manchen als roundhouse kick bekannt ist.

Jetzt muss man es nicht mehr dulden, sollte der Nachbar einen als fetten Hornochsen oder als die Beine spreizende Arschlochhure bezeichnen, oder ein anderer Autofahrer einem den Vogel, Mittelfinger und die Zunge zeigen.
Kleindelikte wie Beleidigung, Verleumdung und Diffamierung, die vor Gericht enden, legen zunehmend den juristischen Apparat Deutschlands lahm. Man will die Exekutive entlasten, Polizeibeamte nicht zu jedem Nachbarstreit ausrücken zu lassen, der etwa mit zwei, drei gezielten Faustschlägen oder einem wohl platzierten Kinnhaken geregelt werden kann.
Eine Frage drängt sich dabei aber auf – wird das Gewaltmonopol des Staates ausgehebelt?
Lebewohl, Gewaltmonopol?
„Nein“, sagte dazu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der das Faustrecht verteidigt und als eine gute Sache ansieht. „In Deutschland bleibt die Polizei die Exekutive in richtigen Straftaten. Ziel ist es, den überlasteten Justizapparat unter die Arme zu greifen.“

Damit entschieden wird, wer nun wem eine Strafe in Form eines Handkantenschlages auf das Haupt oder die Wange auferlegen darf, soll in allen Situationen möglichst rasch ein Rat einberufen werden.
Das als Genickwatschen-Gremium oder Kinnhaken-Konsortium soll aus bis zu drei Personen bestehen, die objektiv entscheiden, wie verfahren wird. Vergleichbar in etwa mit den Geschworenen in einem Gerichtsverfahren.
Dieses Urteil ist dann nicht weiter anfechtbar und wird sofort umgesetzt.
Dazu analog ein Katalog
Vielen graust recht vor dem Faustrecht, doch ist die Angst unbegründet. Die Bundesregierung investierte vierzehn Millionen Euro für Berater: Türsteher, Parkwächter, Taxifahrer, Einzelhandelskaufleute und die Putzfrau aus der Grundschule Unterhinterhopfing, der die Schüler immer ins Putzwasser urinierten, ehe sich herausstellte, dass es der Hausmeister war, der auch manchmal eine Nummer Zwei von elitärer Größe dort platzierte. Kurzum: vielen Individuen, die täglich mit Aggression zu tun haben.

Mit ihnen erarbeitete man einen Strafenkatalog, der namensgebend auch Kinnhaken-Katalog genannt wird. In dieser Liste kann man – etwa wie beim Bußgeldkatalog im Straßenverkehr – nachlesen, was einen erwartet.
„Ein absichtliches Herbeiführen eines Vergehens oder den Versuch, mit einem Minimum an Bestrafung für eine kleine Beleidigung davonzukommen, braucht man gar nicht wagen“, so Steinmeier. „Bei dem Katalog wird nicht getätschelt und verhätschelt, sondern sanktioniert und betoniert.“
Die geringste Strafe ist eine simple Ohrfeige. Wenn es schön im Ohre pfeift, es für gewöhnlich reicht ist hier ein gutes Maß, um einen Lehreffekt zu erzielen. Höhere Ligen der Sofortmaßnahmen sind unter den Namen Heumacher, Saugerschläge und Oberschneider gelistet – im modernen Englisch auch Haymaker, Sucker punch und Uppercut.
Man spricht stets vom vermittelbaren Drang zum unmittelbaren Zwang. Dabei soll es auch Schwächeren ermöglicht werden, sich zu wehren. So sind in Sonderfällen, etwa angesichts eines weitaus stärkeren Kontrahenten, Hilfsmittel erlaubt. Der Gesetzgeber geht hier nicht nach Material oder Menschlichkeit, sondern nach Möglichkeit. Vom Paddel bis hin zum Panzerhandschuh, Biermasskrug oder ausgerissenen Tischbein ist nahezu alles möglich. Jedoch ist wichtig, den Aggressor nicht gänzlich zu verkrüppeln.
Etwas Tugend für die Jugend

Fehde, Blutrache oder andere archaische Methoden nicht verhältnismäßiger Gewalt bleiben weiterhin verboten. Das soll auch verhindern, Deutschland in die Definition und Spur eines schwachen Staates zu befördern.
Ungern richtet man sich an die Devise „Eine Watsche hat noch niemandem geschadet“. Bis in die 80er und 90er Jahre galt dies als ein fünf Finger starkes Leitwerk für das Leidwerk. Die Wangenflöte, auch Gesichtsorgel oder Backpfeife genannt – je nachdem, wie tief und lang sie hallt, nachdem sie knallt -, war in diesen Zeiten gang und gäbe und gewohnt war die Wange alle Schläge.
Sie war das Mittelmaß zwischen direkter Prügelstrafe und der antiautoritären Erziehung. Bewiesenermaßen steht die Jugend von heute nicht mehr unter dem Banner von Zucht, Ordnung, Respekt und Achtung, sondern definiert sich als ungehorsames Gegenteil, einem undisziplinierten Haufen ehrloser Waschlappen im Zeichen des Laschwappens.
Mit der Mass gegen Hass
Damit Deutschland nicht im finsteren Mittelalter versinkt, gibt es zahlreiche Einschränkungen und Umsetzungsmodelle, die von den Bundesländern gelockert oder verstärkt werden können. Besonders in Bayern kristallisiert sich das heraus. Dort sollen sich die Einschränkungen an den bayerntypischen Beschränkungen messen.
Da das biedere, selten zuwidere, dafür stets niedere Volk jedoch zumeist von bierseliger Gemütlichkeit angehaucht ist, hat sich Ministerpräsident Markus Söder von der CDU entschlossen, solch kleine Zankfälle in der parlamentarischen Republik durch anständiges Wetttrinken, das sogenannte Metersaufen oder Reinlitern, regeln zu lassen.

Für diese Fälle will man an den mehrmals im Monat stattfindenden Starkbierfesten, die sich mit Kirchweihen und anderen Trinkgelegenheiten abwechseln, Biermarkerl verteilen.
Sollte das nicht funktionieren, wird der lokale Stammtisch in der nächsten Kneipe zum Strammtisch erklärt.
Dabei verpflichtet man die beiden Aggressoren dazu, den bestehenden Streit mit Maß und Ziel und einer Mass und davon viel zu schlichten. Man geht davon aus, dass dadurch kein direkter Sieger hervorgehen wird. Miteinander in geselliger Runde zu versinken und sich zu betrinken, lässt schon oft an den Schänken und auf den Bänken das Zanken in Schranken weisen.
„In Bayern ist es eben anders“, weiß der Ministerpräsident. „Da fällt jemand leichter ins Unterbier, und macht einen Bauer schnell zum Grantelhauer.“ So gelangt das Fass schon mal zum Überlaufen, womit es ein anderes Fass zum Volllaufen braucht. Nur ein voller Bierkrug ist ein toller Bierkrug, und in diesem Sinne will man sich betrinken, im Suff wegsinken und das Problem wegwinken.
Es gilt stets abwägen, im Zweifel mit Handkantenschlägen

Man sieht – es ist leicht, etwas Ordnung zu schaffen.
Ob es auch in Zukunft weiterhin so diszipliniert bierig absäuft und abläuft wie in Bayern und ob im Rest von Deutschland weiterhin Nachbarstreite mit wohl dosierten Rundhaustretern, gut platzierten Kinnhaken und geworfenen Holzscheiten gelöst werden, bleibt abzuwarten.
Das Projekt läuft vielversprechend, wie auch aktuelle Zahlen bestätigen. Die Menschen verhalten sich gesitteter, ordentlicher. Ein Polizeisprecher in Berlin etwa sprach von einem drastischen Rückgang – fast sechzig Prozent – in Verkehrsdelikten, zu denen die Polizei ausrücken mussten.
Und es wurde auch Zeit. Lange genug dauerte es, bis man eine Möglichkeit fand, ein Problem zivilisiert und gesittet mit wenigen Tritten und Schlägen zu regeln und nicht stumpf wie im Mittelalter alles der unkoordinierten Gewalt zu überlassen.
Abseits von Satire und Blödsinn: Das Wichtigste zum Schluss
Zum Schluss noch eines: Dieser Artikel ist – wer es nicht verstanden hat – Satire und keinesfalls ernst gemeint. Gewalt, Hass, Rassismus und Mobbing dürfen niemals (wie in: überhaupt nicht!) akzeptiert werden. Weder in Worten, noch weniger in Taten. Egal in welcher Form und egal welchem Lebewesen gegenüber: Hass darf keine Chance haben!
Das beginnt oft bei einem selbst – ein Problem mit einem anderen kann man in den meisten Fällen in einem normalen Gespräch lösen. Wenn man jemandem mit Respekt und Achtung begegnet, bekommt man das erstaunlich oft zurück.
Manchmal hilft das leider nicht.
Daher ist es wichtig, niemals wegzusehen, aktiv zu werden und etwas dagegen zu tun. Und darüber reden. Wenn du selbst Mobbing ausgesetzt bist oder mit Gewalt zu tun hast – es gibt Hilfe, und Du bist niemals alleine! Eltern, Lehrer, Vorgesetzte, Dienstherren, die Polizei – wende Dich an sie. Hast Du Angst vor offiziellen Stellen, wende Dich an einen Freund, der Dir helfen kann. Zeig keine Angst davor, und gehe den ersten Schritt. Nur wenn Du darüber redest, kannst Du etwas ändern.
Wenn Du mehr über das Thema wissen möchtest, gehe ins Internet und suche nach Hilfe. Es gibt Dutzende Seiten von Kampagnen, Projekten und der Regierung, die Dir helfen können. Du schaffst das!
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