
Es sind keine leichten Zeiten. Vor allem die Coronakrise, Homeoffice und das ständige Hin und Her einer unfähigen Regierung setzte die letzten Jahre jedem schwer zu und beförderte ungewollte Rundungen an Hüfte und Bauch zutage. Da ist es nicht verwunderlich, dass gleichzeitig Fernseh-Shows immer populärer wurden, die sich dem Abnehmen widmen.
Besonders im amerikanischen Fernseher beliebt ist die Show The Biggest Loser, unschön übersetzt zu Der Größte Verlierer. Dort kämpfen übergewichtige Teilnehmer darum, wer bereit ist, seinem Körper kreislauftechnisch und kardial innerhalb kürzester Zeit das ungesündeste Maximum zuzumuten, um abzunehmen.
Das massive Format erfreut sich breiter Beliebtheit. Was nicht von ungefähr kommt. Ausgehend vom durchschnittlichen, amerikanischen BMI von 45 waren einer Studie von 2021 nach von zehn Amerikanern genau elfeinhalb selbst überqualifiziert als Kandidaten oder in einem Stadium, in dem eine Teilnahme nicht einmal mehr möglich war.

Da Deutschlands florierende Jahre der Kunst und Wirtschaft längst im Staub des Schrecklichen liegen, es ergo an eigenen Ideen mangelt, lizenzierte man das gewichtige Format aus den USA. Dort wird die Show unter dem gleichen Namen seit 2004 auf NBC (National Broadcasting Company) ausgestrahlt.
Am Kern ändert sich nichts, dafür ist hierzulande alles etwas komplizierter. So wechselten die Kandidaten nicht nur die Konfektionsgröße, sondern die Show selbst mehrfach den Sender.
ProSieben strahlte die erste Staffel aus, die zwei folgenden Staffeln hingegen zeigte Kabel eins unter dem Titel The Biggest Loser – Abspecken im Doppelpack. Seit der vierten Staffel ist das Format nun auf Sat.1. Mit Beginn der vierzehnten Staffel im Jahr 2022 läuft es unter dem Namen Leben leicht gemacht – The Biggest Loser.

Der vorgeschobene übersetzte Titel ist dem Deutschen geschuldet. Generell hinkt dieser hinter allem hinterher wie ein lahmendes Tier. Zusätzlich zum totalitärem Fehlen von Humor und schwindender Kreativität besitzt er ein geringes, aber wechselndes Vokabular. Um gegenzulenken und dem geneigten Zuschauer nicht zuzumuten, hier den Bezug von „to lose – verlieren“ auf das Gewicht zu machen, nahm man ihm den mühseligen Denkprozess ab.
Um die Einschaltquoten weiter anzutreiben, schuf man weitere Ableger. The Biggest Loser Teens, Big Stars – Promis specken ab, The Biggest Loser – Family Power Couples und The Biggest Loser – Kanalarbeiter mit Schuhgröße 48 Edition waren nur einige Sprösslinge des erfolgreichen Programms, das pro Gramm selbst zunahm und neue Zuschauerzahlen generierte.
Da dauerte es freilich nicht lange, bis in einem Meeting der Produktionsfirmen feststand: ein weiteres, gänzlich neues, absolut gleiches Format musste her. Mit neugierigem Auge schielte so RedSeven Entertainment als Produktionsfirma Richtung RTL, wo man Bauer sucht Frau bereits höchst erfolgreich zu Brauer sucht Frau formierte.
Alkohol war wie so oft auch dieses Mal die Lösung.
Und die Lösung war hier: Wein, Schnaps, Rum und Bier
Es blieb nur eine Frage übrig: War die Lösung wirklich so klar? Ja – denn die Lösung war ein Klarer. The Biggest Boozer war geschaffen. Boozer ist das englische Wort für Schluckspecht, Trunkenbold und Säufer, booze selbst steht für Fusel und Alkohol.
Anders als bei den anderen Formaten geht es nicht darum, den Teilnehmern etwa vom Sautrogverhalten wegzubekommen, sondern die Frucht der Sucht zum Florieren zu bringen. Man wolle das Beste aus ihnen herausholen – und hineinbringen – und den besten Trinker jeder Kategorie küren.
Freilich hat das nur noch wenig mit der ursprünglichen Show zu tun, will man meinen. Dem Testpublikum, dem man einmal beim Starkbieranstich und einmal bei einer Weinprobe das Konzept vorschlug, war hingegen begeistert.

Was die Kategorien angeht, diese unterteilen sich vor allem in die Art des Getränks; jedes Kind weiß mittlerweile, dass man Wein mit Bier oder Schnaps und Whiskey nicht mischen soll. So werden die ersten Gruppierungen strikt in Bier, Wein und Schnaps unterteilt. Weitere Disziplinen der diszipliniert Undisziplinierten gruppieren sich in typisch-bayerisches Maßkrugsaufen oder das überall bekannte Metersaufen. Das Trichtern (auch als Bierbong, Saufmaschine oder Rockwurst bekannt), bei dem mittels Trichter und Schlauch getrunken wird, soll als Überraschungselement zwischendurch auftreten. Ebenso die Sturzhalbe, die namensgebend so manchen vor dem Ziel zum Sturz bringen soll.
Schon jetzt geht die Anzahl der trinkfesten Anmeldungen in die Tausende, sagte ein Pressesprecher. Ein Ansturm, mit dem man nicht gerechnet habe. Neben gewöhnlichen Bewerbern, die sich täglich gerade mal die obligatorische Flasche Wein oder neun Halbe zum Feierabend genehmigen und den Alltag zum Pralltag machen, gibt es auch vielversprechende Talente, die aus dem schummrigen Stammtischlicht wanken.
Sipp, sipp, hurra! Die Virtuosen der Spirituosen
Als strammer Vertreter der Bierfraktion fällt Manfred Grassl auf. Sein Metier ist das Bier. Er gilt selbst über die Dorfgrenze der vierzig Seelen starken Heimat hinaus als einer der Besten der Trinkfesten. Sein Vater war Braumeister bei der örtlichen Brauerei und schon wegen Berufswegen zu Lebzeiten von heftigen Hebzeiten geprägt. Das trichterte er auch seinem Sohn ein. Das Motto seither: Steter Hopfen höhlt den Stein. Grassl definiert seine eigene Laufbahn als eine Saufbahn, und er sieht sich schon jetzt auf dem Siegertreppchen liegen. Nicht umsonst nennt man ihn Zuhause Grassl des Fassl.

Hubert Schwemmbichler, Bademeister aus Unterhaching, geht da anderes vor. Um sich auf den hochprozentigen Wettkampf vorzubereiten, erkannte er in seinen Bausparer den Brausparer, wie er sagt. Er löste ihn auf, kaufte sich flugs einen Jahresvorrat an Schnaps, um in den Wintermonaten, in denen er als Stadtarbeiter Schnee räumen muss, seine Leber durchzuspülen. Sein großes Vorbild war sein Vater. Der war mit Leib und Seele, Weib und Kehle ein Kampftrinker und bei jedem Fest dabei, und bildete seine Synapsen nur durch das Schnapse(l)n.
Gefährlich kann ihm da nur der Mathematiklehrer Anton Krause werde, der in Trinkerkreisen als Krause von Brause gehandelt wird. Er ist Gelehrter, stets aber ein vom Wein Gefüllter. Nach eigenen Angaben vernichtet er alles, was auch nur ansatzweise blubbert, ballert und die Binde jenseits des Frontlappens demoliert. Ob Sekt, Champagner, Mischgetränke – er presse alles an der Schenke. Er hat sogar seine eigene Fanseite und einen Kanal auf YouTube, auf dem er regelmäßig erst seine Rekorde und dann so bricht.
Dicht dahinter als leberstarke Mitstreiterin ist Olga, die Orgel. Ihren Kosenamen bekam sie von dem gleichnamigen Instrument, das auf Englisch übersetzt organ heißt. Während die Kirchenorgel als größtes Instrument – Organ – gilt, dürfte Olga mit ihren 145 einsatzbereiten Kilogramm auch unter den Teilnehmern als eines der größten Trichterinstrumente gelten. Recht besoffen von der Situation zeigt sich ihr Ehemann. Er bezeichnet sie auch sonst als seine Orgel; sie blase zwar nicht, pfeife und rülpse aber spätestens nach der siebzehnten Halbe genauso tief und laut wie die lauteste Kirchenorgel. Sie war einst eine Ballerina, bevor sie zur Prallerina wurde.
Am Ende kann jedoch nur einer die Siegesprämie von einem Sieben-Jahres-Vorrat mit der Spirituose seines Herzens sichern. Sieben Jahre ist auch die Durchschnittsdauer, die sowohl eine Trinkerleber als auch eine Spenderniere durchhält. Es wird eine spannende erste Folge und Staffel von The Biggest Boozer. Schon jetzt verspricht man sich im Netz ein hochprozentiges Gelage im Promillebereich. Die Teilnehmer bleiben sich alle dicht auf den Fersen und wir als Zuschauer verfolgen gespannt.
Daher kann man nur eines mit Gewissheit sagen – es ist angezapft! Oder, wie der Volksmund sagt – oans is gwies – o’zapft is!
bbq;
So (un)lustig das alles ist – zum Schluss noch eines:
Falls Du Dich beim Lesen dieses Artikels oder bei der gehäuften Erwähnung von Alkohol unwohl gefühlt hast oder die Vermutung hast, mit Alkohol ein Problem zu haben – Du bist nicht alleine. Es gibt Hilfe! Ob beim Hausarzt, bei städtischen, kirchlichen und anderen Suchtberatungsstellen – man wird Dir gerne helfen.
Es ist nie zu spät, und niemals falsch, sich helfen lassen zu wollen. Dafür braucht es aber den ersten Schritt, den nur Du selbst gehen kannst. Sei mutig, wage ihn!
Hier sind ein paar Links für den Anfang – oder Du gehst zum Hausarzt und redest mit ihm. Er hört Dir zu und hilft Dir.
https://www.kenn-dein-limit.de/
https://www.blaues-kreuz.de/de/wege-aus-der-sucht/
https://www.gesundheitsinformation.de/wo-bekomme-ich-rat-und-hilfe.html