Wegen Lebensmittelknappheit: Essverbot für Bodybuilder?

Das Ende eines Sports? (Photo by Victor Freitas on Pexels.com)

Diese Neuigkeit wird so manchen Sportenthusiasten überhaupt nicht schmecken: Aufgrund drohender Lebensmittelknappheit, nicht nur zuletzt wegen globaler Versorgungskrisen und massivem Klimawandel will die Politik für gewisse Personengruppen, die am meisten Lebensmittel konsumieren, einen Riegel vorschieben.

Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen wohlschmeckenden Fitnessriegel, sondern um teilweise harte Einschränkungen. So soll die Gruppe der Körperbauherren, in Kennerkreisen als Bodybuilder bekannt, ebenso wie die Kräftigmänner (Strongmen), ihre Lebensmittel nur noch in begrenztem Umfang kaufen oder zu sich nehmen dürfen.

Eiweißreich, da ein Eiweiß-Reich: Fleisch.
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Einstimmig zu dem diesem Entschluss kamen Gesundheitsminister Karl Lauterbach, Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck in einer vierminütigen Sitzung.

Mithilfe von achtzig Beratern begutachteten sie eine in Auftrag gegebene Studie, die das Kauf- und Konsumverhalten aller Sporttreibenden in Deutschland analysierte und es in Relation zur grundsätzlich zur Verfügung stehenden Ressourcen stellte.

„Dabei zeichnete sich eine deutliche Spitze im Konsum von Milchprodukten, Eiern, Fleisch, Reis und Proteinpulver ab, das wiederum auch aus Eiern oder Milch hergestellt wird“, erklärte der Gesundheitsminister. „Und zwanzig Eier, drei Steaks und ein Kilogramm Reis am Tag zu essen, ist weder wirtschaftlich haltbar noch angemessen. Manche dieser Menschen vertilgen täglich das Kontingent einer vierköpfigen Familie. Solch einer maßlosen Verschwendung von Ressourcen muss entgegengewirkt werden – und das nicht nur im Sinne der wirtschaftlichen Gesundheit“, betonte Lauterbach.

Der Schutz der Schwachen

So sehen das auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesminister für Klimaschutz Robert Habeck. „Zur Schonung von Ressourcen und Schutz des Klimas und der essenstechnisch Schwächeren müssen sich manche dann eben einschränken“, sagte er weiter.

Dafür erarbeiteten die Minister mit der Hilfe von neunzig Beratern konkrete Konzepte. Drei rückten in die nähere Wahl und erwarten eine letzte Revision. Als Stichwort fielen auch Essensmarken, Einkaufkontrollen in den Supermärkten, Regulierung des Onlinemarktes oder generelle Verbote, etwa was den Verkauf Proteinpulvern oder Großpackungen für Eier und Reis an jeden angeht, dessen geschwollenen Arme nicht mehr in ein XL-Shirt passen.

Beliebt und belebt: Eier. (Photo by Polina Tankilevitch on Pexels.com)

Um eine genaue Vorstellung zu haben, zog man einige der bekannten Größen im Bereich des Kraftsports zurate, namentlich Markus Rühl.

Rühl ist ehemaliger professioneller Körperbauherr und mehrfacher Teilnehmer bei Herr Olympia.

Anhand seiner Ratschläge stellte man eine Liste auf, was der normale Mensch an ein Minimum täglich benötigt, um überleben zu können. Diese pflegte man in die seit Jahrzehnten obsoleten Empfehlungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ein.

Die Zahlen überraschen dann doch, und wurden sogar nach oben korrigiert. Die aktuelle Empfehlung beträgt demnach eine Tagesration von fünfundzwanzig Eiern, vier Kilogramm Fleisch, ein Dutzend Thunfischdosen, zwölf 500-Gramm-Packungen Magerquark, neunhundertdreißig Gramm Proteinpulver und acht Pfund Beilagen wie Reis oder Haferflocken.

„Das klingt erstmal nach relativ wenig für jeden einzelnen Bürger, sollte aber ausreichen, selbst ’nen mickrigen 65er Oberarm erhalten zu können“, so Rühl im Gespräch. „Des bedarf’s, und ned mehr.“

Andersrum hieße das: Leben nach dem Minimalprinzip – mit vorgegebenen Mitteln möglichst lange haushalten. Nur fünfundzwanzig Eier pro Tag, das würde nicht einmal für drei Portionen Rührei reichen.

Weniger ist mehr – aber braucht’s das?

Wer viel ändert, wird viel Kritik einstecken müssen. Heftig stieß die angestrebte Initiative der Fitnessbranche auf. Angeheizt durch Josef Schwemmbichl aus Sachsen, Besitzer mehrerer Fitnessstudios und in Kreisen der Kraftsportler als Swole Saxon bekannt.

Er äußerte seinen Unmut in einem öffentlichen Facebook-Post. Dort bezeichnete er den Gesundheitsminister als einen Lauch von Wasserschlauch, dessen Bürogebäude er bei passender Gelegenheit mit Hanteln verschandeln wolle. Den Post hat er mittlerweile gelöscht, der Zorn all der Trainierenden da draußen ist aber nach wie vor am Brodeln.

Will erhalten bleiben: Masse.
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Manche sprechen bei dem Post von blinder Steroidenweißglut (roid rage, ein wütender Zustand aufgrund hormoneller Veränderungen durch Anabolika), andere von wahren Worten des Aufstands und einer Bevormundung, die man sich nicht bieten lassen werde.

Verständlich ist es – manche finden im steten Heben von Eisenstangen und der Zufuhr von Protein ihren Lebensinhalt. Körperkult, wie man sagt, der sogar bis zur körperdysmorphen Störung gehen kann, der Sucht nach mehr Masse, mehr Kraft, mehr Geschwollenheit. Viel hilft viel, sagt Markus Rühl, und das beginnt und endet stets in blankem Futterneid.

So sehen all die Kräftigmänner, Körperbauherren und Kraftsportlern ihre Einkünfte (gains genannt in der Branche, die Zunahme von Muskelmasse) schon schwinden und ihre Mägen knurrend vor Leere. Ihnen die empfohlenen täglich zehn Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht auf ein einziges Gramm zu reduzieren, würde einen massiven Einschnitt in das hoheitliche Selbstbestimmungsrecht bedeuten. Geschwollenheit ist etwas anderes, so viel ist sicher.

Nicht betroffen von den Sanktionen wären zumindest die Kreuzgesunden – die Crossfitter -, da deren Aktivität kategorisch nicht als Sport zähle. „Wenn es nach dem ginge, müsste man auch die Hampelmänner von Kindergartenkindern oder die epileptischen Anfälle Schwerkranker als Sport zählen. Das kommt gar nicht infrage“, so Gesundheitsminister Lauterbach.

Vernunft und Zukunft

Noch ist nichts entschieden. Nächstes, übernächstes oder das darauffolgende Jahr beziehungsweise in einer der folgenden Legislaturperioden will der Bundestag eventuell darüber beraten und mit einem Etat von über zweihundert Millionen Euro beratende Berater für beratende Beratertätigkeiten zur Beratung heranziehen und eine dreistellige Anzahl an Studien in Auftrag geben.

Immer mehr, selten leer.
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Bundesminister Habeck macht sich dafür stark, da der übermäßige Konsum von Lebensmitteln nur durch Einschränkungen oder Verbote eingedämmt werden kann. „Sobald man an den gesunden Menschenverstand appelliert, hat man verloren – und das besonders, wenn es um Grundrechte wie Selbstbestimmung und Ernährung geht“, so der Minister.

Wirtschaftlich soll es sein, werden und bleiben – eine Planwirtschaft? Nein. Genug ist für alle da. Deutschland kämpft bisweilen mit Knappheit in manchen Bereichen, muss aber sicher keine Hungerkrise befürchten.

Wir alle sollen nach dem Minimalprinzip versorgt werden, nach dem Maximalprinzip kochen. Ob das funktioniert? Bleibt abzuwarten. Es lässt zuletzt hoffen, dass in der Politik die Teller nicht voller sind, als man von uns Bürgern erwartet.

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