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Aller Anfang war schwer
Johannes Gutenberg lebte im 15. Jahrhundert und gilt als Erfinder des Buchdrucks. In der Zeit der Modernen und in Hinsicht auf die Möglichkeiten der Modernen würde er vermutlich die Hände bestürzt über dem Kopf zusammenschlagen und es als Häresie betiteln.
Denn mehr als zwanzigtausend neue Bücher, nicht mit eingerechnet Selbstpublikationen? Wöchentlich, allein in Deutschland? Von einem professionellen Lektorat und Korrektorat überprüft und anschließend auch noch gedruckt, verlegt, vermarktet, gänzlich in die Läden und Hände des Lesers gebracht?

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Nicht nur für jeden Neu-Autor klingt das so fantastisch wie so manch geschriebenes Werk selbst. Utopisches Wunschdenken, will man meinen. Viele plagt nämlich die Entscheidung, ob sie ihr Buch selbst verlegen sollen. Der Aufwand, besonders der finanzielle, ist enorm.
Die Kosten für ein professionelles Lektorat, etwa für einen Roman aus dem Science Fiction, läppert sich gerne mal auf einen Stundensatz von bis zu einhundert Euro. Hinzu kommen noch das Layout und die Gage für den Designer, der das Buchcover entwirft. Je nach Qualität und Umfang werden hier sogar vierstellige Beträge bezahlt.
Nach all diesen Investitionen mag das aus Herzblut erschaffene und vor prallen Ideen strotzende Werk zwar fertig sein – aber dann ist es noch nicht einmal beworben oder vermarktet.
Für die unzähligen Autoren, die Schreiben als reines Hobby betreiben und nicht den Weg der Selbstpublikation wählen, scheint alles in einer Sackgasse zu enden.
Viele Ideen, noch mehr Verzweiflung
So erging es auch Stefan Hoffmann. Ein kleiner Rückblick: Wir schreiben das Jahr 2021. Hoffmann ist kreativ und produktiv, aber verzweifelt. Er hat bis dato schon acht Bücher geschrieben. Fünf davon formen einen Fünfteiler, der in einem mittelalterlichen High-Fantasy-Universum mit Magie spielt und seit drei Jahren abgeschlossen ist. Die Pentalogie ist sein Meisterwerk, sagt er. Nachdem er dieses Werk abgeschlossen hatte, widmete er sich einem Kinderbuch und zwei weiteren Werken, die Richtung Thriller gehen.
Auch diese Bücher sind fertig, und neue Ideen warteten nur darauf, niedergeschrieben zu werden.
Erfolg müsste sein Leben bestimmen, doch dem ist nicht so. Denn es gibt von Hoffmann kein einziges Buch zu erstehen. Eine Selbstpublikation kommt für ihn nicht in Betracht, da er sich nur auf das Schreiben konzentrieren möchte und ihm auch die finanziellen Mittel fehlen.
„Ich verstehe es einfach nicht“, sagte er im ersten Interview Anfang 2021. „Ich habe die Bücher schon im Internet gepostet, Leseproben, teilweise das ganze Werk, habe es ausgedruckt an Freunde, unabhängige Lektorate wie ehrliche Leser geschickt. Aber nichts. Einfach nichts.“

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Damals stand Hoffmann vor dem Stapel seiner ausgedruckter Bücher. Teilweise in Normseiten in Courier New und doppeltem Zeilenabstand zur besseren Korrektur. Die Bücher waren schon gut – Lektorate fanden keine Fehler mehr, Korrektorate bestätigten guten Lesefluss und Spannung. Was war also das Problem? Kein Verlag. Richtig.
Die Lage schien nicht nur für Hoffmann, sondern Tausende andere Autoren und Millionen von Lesern ausweglos.
Auf der einen Seite unzählige gute Werke, die darauf warteten, sich den hungrigen Augen der Leser zu präsentieren. Und auf der anderen Seite viele Verlage mit Kapazitäten in Dingen Lektorat, Korrektorat und Coverdesign.
Schlicht besticht – auch die Lösung?
2022 schien so traurig wie die Jahre davor zu sein. Dann aber, es war ein Tag im Mai des gleichen Jahres, erinnert sich Hoffmann, kam ein Freund zu Besuch. Im Gespräch folgte eine Aufforderung, ein gut gemeinter Ratschlag, der die Bücherbranche erschüttern sollte. Ausgerechnet aus dem Mund eines Freundes von Hoffmann. Der selbst nicht schreibt, noch nicht einmal viel liest, höchstens mal einen Zeitungsartikel. Dennoch aber treffen seine Worte Hoffmann:
„Schick es halt einfach an einen Verlag.“
Dieter, ein Freund von Hoffmann
„Ich stand zuerst einmal da, schnappte nach Luft und brauchte eine ganze Minute, um wieder zu mir zu finden“, erinnert sich Hoffmann noch gut. „Denn das war die Lösung. Die Lösung all meiner schriftstellerischen Probleme!“
Hoffmann ist noch immer sichtlich gerührt. Denn als wir ihn das zweite Mal besuchen, hält er bereits den Stapel all seiner Veröffentlichungen auf dem Arm. Alles Hardcover, ansprechendes Design, beste Qualität. Es duftet nach der magischen Frische, die neuen Büchern innewohnt.

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Denn ja, es war und ist wirklich so einfach.
Einfach an den Verlag schicken und das Buch verlegen lassen – denn in der Autorenwelt weiß man, dass ein professioneller Verlag alle Kosten übernimmt. Lektorat, Korrektorat, Design, Vermarktung.
Auf Anfrage der Redaktion bestätigten das auch die Verlage.
So fragten wir unter anderem bei der Penguin Random House Verlagsgruppe nach. Unter diesem Namen finden sich die bekannten Größen des Buchmarktes. Die Verlagsgruppe mit Hauptsitz in Gütersloh wurde 1986 gegründet und beschäftigt knapp neunhundert Mitarbeiter. Diese verteilen sich auf knappe fünfzig Verlage – dazu zählen auch Heyne, Penhaligon, Blanvalet und Goldmann.
„Dieser Ratschlag des Freundes von Herrn Hoffmann war die Rettung für unsere Verlagsgruppe, wenn nicht sogar der ganzen Buchbranche“, heißt es von der Geschäftsleitung. „Schon seit mehreren Jahren hielten wir uns nur noch spärlich mit angekauften Rechten fremdsprachiger Werke über Wasser, ebenso mit der Lizenzierung von Filmrechten und der Wiederauflage älterer Werke. Niemals hätten wir allein nur an die Möglichkeit gedacht, dass uns jemand einfach ein Manuskript schickt.“
Große Zahlen
Konkrete Zahlen will man natürlich nicht nennen. Aber die Einsendungen gehen in die Zigtausende. Was an der Gemeinschaft der Autoren liegt – ein kunterbunter, stets hilfsbereiter Pool aus kreativen Köpfen, unter denen jeder Ratschlag, jede Erfahrung und jeder Tipp bereitwillig geteilt wird. So postete auch Hoffmann den Ratschlag in den sozialen Medien und erzeugte ein wahres Lauffeuer.
Auf dem betreffenden Post ist er mit seinem ersten Buch zu sehen. Er grinst mit nassen Augen und schreibt darunter: „Leute! Schickt euer Manuskript einfach an einen Verlag!“

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Durch hunderttausendfache Teilung seiner Posts ging ein Ruck durch die Welt bunter Ideen, die einzig schwarze Tinte und ein weißes Blatt Papier benötigt. Allein der Verlag Heyne wird sofort alle Einsendungen umsetzen, zig Tausende Autorenverträge schließen und siebentausend Werke veröffentlichen.
Im darauffolgenden Monat wolle man schon die Marke des Fünfstelligen knacken. „Es wird wunderbar!“, schwärmen Lektorat und Leserschaft gleichermaßen.
Endlich scheint die Blockade gelöst, für Nachschub ist gesorgt. Die Druckmaschinen rattern, die Federn der Designer glühen, die Leser können bereits neue Regale an die Wände montieren.
Und das alles nur wegen eines simplen Ratschlages. Vielleicht sieht man oft den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Betriebsblindheit nennt sich das. Besonders als Autor, der über Jahre hinweg jeden Tag Stunden damit verbringt, ein Buch zu plotten, zu schreiben, zu verfeinern.
Schick es einfach an den Verlag – wer hätte gedacht, dass es so leicht wäre? Noch viel leichter ist es ja nur, ein Buch zu schreiben. Und dank Hoffmanns Freund weiß man jetzt endlich auch, was man für eine Veröffentlichung tun muss.
bbq;