2025: Free-TV & Kino tot, GEZ abgeschafft, Streamingdienste herrschen

So begann es, so endet es.
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2025. Free-TV, GEZ und Kino sind tot.

Wir schreiben das Jahr 2025.

Das Kino ist tot. Deutschland hat den Rundfunkbeitrag von aktuell 38,31 € als Zwangssteuer anerkannt, abgeschafft und parallel die Streamingsteuer um den gleichen Beitrag erhöht. Mit mittlerweile über achtzig Prozent aktiven Streamingnutzern, die sich auf die über einhundert verfügbaren Dienste wie Netflix, Apple TV+, Hulu, YouTube Premium, Paramount+, Amazon Prime Video, Peacock und vergleichbar verteilen, ein lukratives Geschäft.

Besonders seit Meta, Mutterkonzern von Instagram und Facebook, mit Watch in den Ring stieg und Microsoft in die Offensive ging, um mit seinem „x“ (xBox, xCloud, xStream, xDream, xMovies) dem „i“ des Apfels nicht nur einen symbolischen Strich durch die Rechnung zu machen, vollführt die Industrie einen Quantensprung.

Jeder Deutsche bezahlt monatlich durchschnittlich 178 Euro für Streamingdienste. Davon entfallen fünfundzwanzig Euro für Musik – zumindest meist nur einen Dienst -, der Rest entfällt fürs zusätzliche Entertainment der Augen. Dieser millionenschwere Markt lockt große Firmen und Milliarden an Werbeetat an, in der Masse der Bezahlenden um Gunst zu buhlen.

Und das unübertroffene Medium zur Werbeverbreitung sind unverändert große, blinkende Flächen. Bildschirme. Die Größe und Möglichkeiten auf den Smartphones sind relativ begrenzt. Ein kleines Gerät, auch wenn die Größe mittlerweile durchschnittlich zehn Zoll beträgt, ist rasch beiseite gelegt oder verschwindet in der Tasche.

Salzig oder süß?
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Da liegt es nahe, sein Geschäft auf den großen Bildschirm zu verlagern. Mit dem Wegfall der Rundfunkgebühren fällt auch das Angebot des Free-TV weg.

Jeder ist gezwungen, den Fernseher mit etwas zu füttern und sich bei einem, mehreren oder allen Streamingdiensten anzumelden. Amazon Prime Video, Netflix, Apple TV+, RTL+, Joyn, Sky. Einzeln, als Ticket, im Zwei-Jahres-Paket, als kombiniertes Sparpaket mit neunzehn Diensten und einer Ersparnis von 0,1 Prozent oder auch nur zehn separate Dienste.

Schließlich hat jeder mittlerweile seine unverzichtbaren Originals (eigens für den Streamingdienst produzierte Serien), die mit meist vierundzwanzig Staffeln zu je dreißig Episoden mit je 45 Minuten Aufmerksamkeit benötigen. Dazu kommen serieneigene Spin-offs und der Reboot des gesamten Katalogs, sobald eine Serie älter als fünf Jahre alt ist.

Verantwortlich hierfür ist ein stilles Abkommen unter den Streaminganbietern, jede Serie im Zyklus von fünfzehn Jahren in der Besetzung zu wechseln, bis jedes der fünfundachtzig Geschlechter, jede sexuelle Neigung und Gesinnung (mit Ausnahme von Pädophilie und Zoophilie; Koprophilie hingegen schon), jede Hautfarbe und jedes Handicap mindestens einmal prominent in Szene gesetzt wurde.

Auf diesen Seiten, deren Angebot von Serien, Klassikern, aktuellen Blockbuster, Dokumentationen bis hin zu Anime auch Filme vergessener Sparten deckt, gibt es vor allem eines: Werbung. Die obligatorische 17 und 4, wie es genannt wird – siebzehn Werbespots, gefolgt von vier, je acht Minuten langen Trailern für das eigene Programm. Galt es früher noch, mit Teasern und Trailern nichts vom Film zu verraten und nur Interesse zu bilden, beinhaltet jetzt jede Vorschau die komplette Prämisse, den Plottwist (insofern vorhanden), die drei besten Szenen, ebenso alle Oneliner und den Showdown, damit sich der womöglich Interessierte ein besseres Bild machen kann. Ebenso modern ist auch ein Trailer für den Trailer, direkt vor dem Trailer, damit der geneigte User nicht vergisst, welchen Trailer er gerade nochmal ansieht.

Dieses nicht spul- oder überspringbare 17 + 4 – Modell ist das werbeärmste Model der Premium-Plus-Poweruser-Pakete für 35 Euro im Monat, wie es bei Amazon Prime Video der Fall ist. Zuzüglich natürlich der jährlichen Gebühr von 145 Euro für Amazon Prime selbst.

Es gibt kein Entkommen für das Einkommen.

Nutzer, die nicht so tief in die Tasche greifen wollen oder ihr verdientes Geld für Miete, Versicherung, Nahrung oder Schuldbedarf ihrer Kinder ausgeben müssen – die Inflation beträgt mittlerweile doch 38 Prozent -, trifft es da härter. Sie zahlen monatlich zwar nur geringe 30 Euro für das Pathetic-Poor-Peasant-Paket, müssen dafür mit einer knapp dreistelligen Anzahl an Werbespots rechnen. Die etwas diffamierende Namenswahl ist gewollt. Ebenso, dass Nutzerprofile und Nutzerverhalten öffentlich einsehbar ist. Der Nutzer soll zeigen können, was er hat. Und die Anbieter sollen zeigen, wer es nicht zeigen kann.

Niemand hat dann noch Zeit für den Film selbst, will man meinen, da ein solcher 17 + 4 – Werbeblock drei bis vier Stunden in Anspruch nimmt.

So ist es gängige Praxis, dass Nutzer noch während ihrer Mittagspause den Fernseher via spezieller App zu Hause ansteuern, einschalten und den Film starten. Schließlich soll der Film mehr oder weniger pünktlich um 17 Uhr beginnen, sobald sie nach Hause kommen. Manche Streamingdienste wie Netflix wirken dem bereits entgegenwirken, indem sie eine gerichtliche Verfügung gegen die Entwickler der App erwirken.

Amazon geht da einen Schritt weiter – bei dem Streamingdienst ist es bereits seit Ende 2024 notwendig, via Gesichtserkennung und Standortortung sich mit dem Smartphone direkt vor dem Fernseher zu befinden. Wenn das Smartphone sein OK gibt, kann dem Filmabend nichts mehr im Wege stehen. DRM Deluxe nennt es sich – die nächste Stufe digitaler Rechteverwaltung.

Endlich weg vom Smartphone!
(Photo by Amateur Hub on Pexels.com)

Strafwerbeminuten gibt es, wenn man sich kurz unerlaubt vom Gerät entfernt, um etwa die Toilette aufzusuchen oder nach dem schreienden Kind zu sehen. Eine Strafpraxis, die schon seit Jahren mit Erfolg praktiziert wird. Ausnahme bilden Nutzer, die mindestens fünfundzwanzig Alexa-kompatible Geräte und das höchste Prime-Abonnement besitzen und dem Gläsernern Vertrag zugestimmt haben, der es Amazon und all dessen Partnerfirmen und Drittanbietern erlaubt, alles aufzunehmen, zu speichern und für interne Zwecke zu verwerten.

Geschmückt wird das alles mit dem Mantel, die nervige Meldung „Bist du noch hier?“ nicht mehr anzuzeigen. Diese tauchte bei den meisten Streamingdiensten nach meist zwei Stunden auf, um einer Inaktivität oder Nichtnutzung vorzubeugen. Seit Jahren wurde diese Meldung von Binge-Watchern angeprangert, als körperlich unzumutbar, ja gar Nötigung, mit dem Gerät zu agieren.

Doch jetzt ist das Jahr 2025 – man muss dem Gerät nichts mehr mitteilen. Das Gerät weiß alles. Das Gerät verarbeitet alles. Jeder Input ist von Wert. Ob man da ist, wo man sich befindet, ob man schläft, isst oder auf der Toilette sitzt.

Weiterhin lassen es die Apps nicht mehr zu, die Lautstärke des Werbeblocks zu reduzieren oder auf ‚Stumm‘ zu schalten. Hierfür erwirkt die Vereinigung der Streamingdienste eine weitere Verfügung und lässt die Empfehlung R 128 der Europäischen Rundfunkunion aufheben, die seit August 2012 zunehmend angewandt wurde, um einen Loudness War (stets lauteres Abmischen von Inhalten) zu verhindern.

Jetzt ist es nicht mehr verpflichtend, die Werbung auf höchsten gleicher Lautstärke wie den Spielfilm auszustrahlen. Laut ist immer gut. Auf einem hart umkämpften Markt verkauft nur der lauteste Marktschreier seine Ware. Das machen sich auch die Dienste zunutze. Dabei ist interessanterweise eine Relation zwischen der Größe des Streamingdienste zu der nun angehobenen Lautstärke der Werbung zu betrachten. So ist bei Netflix die Lautstärke der Werbung 370 % lauter als die des Spielfilms, dicht gefolgt von Microsoft xStream mit 350 %, während Apple TV+ und Amazon Prime Video sich bei 225 % einpendeln. Lediglich Crunchyroll und Hulu liegen unverändert bei 180 %.

Licht und Schall – für alle Sinne, überall.

Doch der Lautstärke nicht genug. Um ein möglichst breites Spektrum abzudecken, werden die Streamingdienste überaus kreativ.

Angelehnt an die 2007 produzierte Dokumentation Idiocracy, übernimmt man deren Zukunftsprädikation und inkludiert Werbebanner, die den eigentlichen Spielfilm wie einen Rahmen umgeben.

Endlich auch für Zuhause!
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Die prozentuale Größe dieses personalisierten Werberahmens bewege sich laut Anbietern im Rahmen und richtet sich nach der Größe des abgeschlossenen Abonnements.

Auf dem kleinsten Aboreiter auf Disney+, das nach Einführung von Parallelphase 27 für das MCU (Marvel Cinematic Universe) damit die Pionierrolle übernahm, verbleiben so beispielsweise zirka 25 % der Fläche für den Spielfilm. Lediglich der teuerste Reiter lässt den Zuschauer 75 % des Bildschirmes ansehen.

Zu Beginn dieser Praxis versuchen gewiefte Zuschauer dem entgegenzuwirken, indem sie sich spezielle Vorhänge im Internet anfertigen lassen, die den Werberahmen zuhängen. Dank des von Microsoft entwickelten, omnipräsenten und überall verwendeten xCookies erkennt das Gerät durch den Kaufverlauf eine derartige Manipulation. Es verweigert das Streamen und veranlasst das Gerät dazu, die Werbung auf der maximalen, dem Gerät möglichen Lautstärke abzuspielen.

Versuche von Entwicklern, die mit einer App namens Krümelmonster der Persistenz dieser und ähnlicher Cookies den Garaus machen wollen, werden von Microsoft und einer massiven Geldkeule zerschlagen.

Was bleibt, ist ein Fest für alle Sinne – und weit darüber hinaus.

VR als Virtuelle Realität – von Rift zum Drift

Eine kleine Ausnahme bieten die immer präsenter werdenden VR-Helme, welche die VR-Brillen ablösen. Anders als die Brillen, die primär nur das visuelle Spektrum abdecken, umschließen VR-Helme den ganzen Kopf, um, wie Hauptentwickler Meta wirbt, den Nutzer gänzlich in das neue Universum zu entführen. Hunderte Millionen nutzen bereits solche Hardware, eine Milliarde Nutzer wird es bis Ende 2024 geben, fünf Milliarden bis 2030. Kritische Blogger, die mit Artikeln wie „Versifft dank Rift“ auf die Gefahren hinweisen, verschwinden über Nacht.

Mithilfe von Sony und Sennheiser entwickelt Facebook den Oculus Drift Ultra MK2 – ein Helm mit integrierten Bewegungssensoren, Surround-Lautsprechern und absoluter Geräuschunterdrückung von außen. Um die massiven Kosten abzudecken, wird auch hier Dauerwerbung für das gesamte wahrnehmbare Spektrum der Sinne geschaltet. Visuell in Form rauschender, blinkender Dauerbanner, auditiv in zwar moderater Lautstärke, aber ständiger Präsenz. Und nicht zuletzt sublim. Beispielsweise kurze Einblendungen, ein Flüstern.

Es gibt Bonusinhalte für jede weitere Stunde im Metauniversum, Strafen in unterschiedlicher Form für den Rest. Zwar regeln der Medienstaatsvertrag und andere Abkommen das Verbot solcher Praktiken – doch nur bis zu dem Augenblick, bis der geneigte Nutzer sein Häkchen beim Gläsernen Vertrag und den vierzehn EULA setzt, sich aller Folgen bewusst wird und andere jedweder Pflichten entbindet. Kurzum: Sich einfach hingibt und loslässt.

Und sobald man das Häkchen setzt, gibt es keinen Haken mehr.

Nicht an der Geschichte, nicht an der Werbung.

Denn alles ist gut. Und The sun always shines on TV – im Fernsehen scheint die Sonne immer. Braucht es doch nur einen Knopfdruck, um sie aufgehen zu lassen.

bbq;