Ja. Mitten in der Nacht auf die Toilette zu müssen ist manchmal schon nervig. Gar lästig. Und nicht nur manchmal, sondern eigentlich immer. Sich schlaftrunken aus der behaglichen Wärme der Bettdecke (und womöglich auch Partners) zu schälen, nur, um die Getränkerückgabe aufzusuchen.
So erging es auch mir damals in meinem Jugendzimmer. Jenes war zuerst eine Werkstatt, wurde dann aber zur Rumpelkammer umfunktioniert und schließlich als entlegenes Gästezimmer genutzt. Daher ist es seit Beginn des Anbaus ans Haus mit einer metallenen Werkstatttüre ausgestattet. Sich immer durch herunterhängende Pfannkuchen durchzufressen war auf Dauer schließlich etwas teuer und figurverschlechternd, aus welchem Grund Vattern sich eben für eine solch massive Feuerschutztür entschieden hatte.
Wie man dem Bild neben diesem Absatz entnehmen kann, ein doch recht robustes Oschi von Brandschutztür. Wenn auch offensichtlich in die Jahre gekommen, tat sie ihren Dienst noch vorzüglich. Ja gut, eine Tür hat auch nicht sooo viele Aufgabengebiete, da ist ein Versagen schon fast ausgeschlossen.
Nun denn mag man sich bei diesen drei Bildern fragen, was es mit dieser Brandschutztür und nicht weniger ominösen Tagline auf sich hat.
Doch das ist eine gänzlich andere Gesch- he Moment, ist es ja gar nicht! Also weiter:

Da ich als Löwegeborener von Haus aus ein saufauler Mensch bin, tue ich bei notwendigen Dingen meist nur das Aller-aller-Notwendigste. Muss ich es nicht tun, tu ich es nicht. Schreibt mein Energieversorger, dass ich den Zählerstand ablesen soll, weil er ihn sonst schätzen muss – nun, dann wird er ihn wohl schätzen müssen. Alles ist sinnloser Aufwand, wenn es mir keinen Nutzen bringt. Kann ich, muss ich aber nicht, werde ich nicht. Optional ist stets meine Wahl. Denn jedes Muss sorgt für Verdruss. Auch damals war diese Alltagslethargie allem gegenüber schon sehr ausgeprägt. Ich gedachte, meine Umgebung bereits zu kennen und deshalb das Licht in meinem Zimmer ausgeschaltet lassen zu können. Weil, auf die Toilette und ins Bad muss man schließlich öfter. Und nach eineinhalb Dekaden, so der weitere Gedankengang, kennt man den Weg schon einigermaßen. Nachfragen, wo’s genau hingeht muss man da nur noch vereinzelt.
Als ich den Rückweg vom Bad in die Dunkelheit antrat, war ich mir nicht mehr sicher, wie weit ich die Zimmertüre offengelassen hatte. Ich mein, wer verschwendet schon einen Gedanken an so ein unnütziges Detail? Da könnte ich ja gleich damit anfangen mir zu merken, wann ich spülen muss oder wo es angemessen ist, mit geschlossenem Mund zu kauen. Ich wusste nicht mehr, ob ich sie überhaupt offengelassen habe, sie ament nur angelehnt habe oder sie bereits ganz geschlossen war. Manchmal hatte das Luder nämlich die Angewohnheit, einfach leise zuzufallen.
Und was macht man in der Dunkelheit, wenn man sich vorwärtsbewegt und nicht gerade was ins Gesicht bekommen will?
Richtig.
Man streckt die Hände aus. Was dann genau so wie beei einem herkömmlichen, standardmäßig infizierten Zombiemenschen aussieht, der nach mehr Gehirn giert und sich schlappig-schleppend auf sein Opfer zubewegt. Schließlich soll ein etwaiges Hindernis von den Händen erfühlt werden, damit man sich unbeschadet daran vorbeibewegen kann, und nicht hinein. Nun, soviel zur Theorie. Den Weg kannte ich, die Position der Tür nicht. Die Tür hingegen kannte mich nicht, würde mich aber kennenlernen.
Also gehe ich gewohnt schnellen Schrittes Richtung Zimmer zurück, beide Hände nach vorne ausgestreckt, um die Tür schnell zu erfühlen und endlich wieder ins Bett zurückkehren zu können.

Ho. Ly. Shit, hat’s mir die Tür vielleicht ins Gesicht gezimmert. Ich dachte gerade noch, mir hätte jemand zart eine Holzlatte über den frisierten Brätling gezogen. Doch nein. Da war nur die Tür. Schon mal einen geworfenen Tomahawk ins Gesicht bekommen? Das fühlt sich genau so an. Nur mit etwas mehr Schmackes und nachhaltigerem OLECK! – Moment, der im Gedächtnis bleibt. Mir blieb diese imaginäre Gewalt als Walter, der Schädelspalter im Gedächtnis. Mit beiden ausgestreckten Armen als perfekte Führungsschiene habe ich Volldepp natürlich an beiden Seiten komplett vorbeigelangt und bin genau in das flache Türblatt der Brandschutztür gerannt.
Ein klassiches BÄM, OIDA! – Erlebnis, welches mich zugleich, nun, ich will nicht sagen wütend, aber so scheißfotzengrantig gemacht hat, dass mein Augenwasser sofort verdampfte und ich nichts mehr gesehen habe. Was aber an dem immer noch ausgeschalteten Licht lag. Ich weiß nicht, ob ich die Tür dann voller Wut zu- oder aufgeschlagen habe oder auch einfach durch sie durchmarschiert bin, aber der Sieg war bereits an oder in diesem Fall in das Türblatt gegangen. Eine schöne Platzwunde zwischen den Augen sollte mich noch lange daran erinnern, dass ich nicht der Hellste bin. Wäre ich es, hätte es ja doch etwas Licht in die Dunkelheit meines Handelns gebracht. Aber in dieser Finsternis wird Trampel Alexander voraussichtlich noch ein paar Jährchen wandern. Wenn er nicht wieder aufgehalten wird.
But wait, there’s more …
Das Lustige wahrlich Saubescheuerte und Brunzdämliche daran ist, dass ich unlange nachher noch einen draufgesetzt habe. Oder reingesetzt (nein, keine Sorge, es folgt kein Fäkalkontext). Es war in den Jahren meiner Lehre Leere als Elektriker, in welchen ich das alles getoppt und mir fast ein Auge augestochen hätte. Wie es dazu kam? Zu schnell. Sonst hätte ich es ja verhindert.
Steckdosen zu installieren war neben Brotzeit holen, Schlitze stemmen, gebeten werden aufzuhören so dumm zu schauen und sich so dämlich anzustellen sowie Zusammenkehren eine der ersten, berufsverbundenen Aufgaben, die man in der Lehre machen durfte. Mithilfe von Steckdosenbohrern werden Löcher in die Wände gefräst, in welche nach Verlegung und Einführung der Kabel dann Dosen gegipst werden. Anschließend folgt die Schutzkontaktsteckdose „Steckdose“ selbst, welche man nach dem Anschließen an die Kabel mit Schrauben an der Dose befestigt. Natürlich soll alles immer sauber waagerecht eingebaut werden, damit sich der bodenständige, sich an deutschen Industrienormen aufgeilende Deutsche daran erfreuen kann. Schief hat sich leider nicht so durchgesetzt.
Problem ist nur, wenn man von Haus aus so einen kaputten Wirsing wie ich mit von Werk aus falsch justierten Augen bekommen hat. Diese haben es im Grunde nicht durch die Endkontrolle geschafft, wurden aber dennoch vergeben. Frei nach dem Motto „Mei, was soll der Depp da schon g’scheite Augen brauchen. Bei dem Gesicht ist’s ja eh egal, weil der sich ja eh darennt, ehe er bis vier zählen kann. Nehmen wir die B-Ware.“
Nachdem man die Steckdosen mit den Schrauben einigermaßen festgezogen hat, richtet man alles mit der Wasserwaage (oder entsprechend gutem Augenmaß) aus, bevor man endlich alles richtig fest anzieht. Anstatt aber die von mir bereits bombenfest gezogenen Schrauben etwas zu lösen und das Inlet neu zu justieren, drückte ich den Schraubendreher wie ein Schwert vor mich haltend rein und presse mit der Spitze nach oben, um entsprechende Korrektur vorzunehmen.
Das Gute ist, dass die Dummen die Quittung immer gleich bekommen. Weil später kann keiner mehr bezahlen.

Rutsche daher freilich auch gleich ab und ramme mir die Spitze des Schraubendrehers voll. Ins. G’sicht. Dieses Mal ganz knapp über das Auge und direkt in die Augenbraue. Es dauerte mehrere Wochen, bis die kreuzförmige, tiefe Wunde wieder einigermaßen verheilt war.
Mittlerweile ist nichts mehr zu sehen; die Verletzung des Stolzes braucht aber sicherlich noch ein paar Jahre, bis sie verheilt ist.
Mein damaliger Meister hatte wohl Recht mit seinem Statement bezüglich meiner Arbeitskraft in diesem Bereich, als ich gerade knietief in einer Ölgrube stand und vollgesogene Sägespäne in Eimer schaufelte: „Ja wenn’s nichts ums Elektrische geht, kann man ihn direkt für was gebrauchen!“
Ich gedenke den Satz schon oft gehört zu haben. Einzige Sache, die sich im Grunde ändert, ist das Wörtchen „Elektrische“. Da soll noch einer sagen, ich wäre nicht anpassungsfähig.
Bildquellen:
Die ersten drei Bilder von der Brandschutztüre:
Eigenes Werk.
Die zwei Schrauben plus Kreuzschraubendreher:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3APHILLIPS_and_POZIDRIV_screwdrivers_and_screw.JPG von By Bronzaclose (Own work) [CC0], via Wikimedia Commons