Deutsche Post erhöht Maximalgewicht für Pakete auf 95 kg

Harte Fakten

Über viereinhalb Milliarden Pakete werden jährlich in Deutschland versendet. Neben einer starken Infrastruktur verlangt das auch nach besonderes hartem Kalkül, das nichts dem Zufall überlässt. Jeder Cent, jedes Gramm, jeder Millimeter ist entscheidend.

Alles muss mindestens so schnell, ja schneller noch als gestern geschehen, obwohl sich das Bestellverhalten massiv in das Onlinegeschäft verlagerte und das zu stemmende Paketpensum jährlich steigt. Kaufte man vor zwanzig oder mehr Jahren Schränke, Badewannen, Druckerpapier, Fliesen, Autoteile, Betonplatten, gepanzerte Safes und Sofas noch direkt im Geschäft und lud es selbst ins Auto, so lässt man sich mittlerweile alles bequem nach Hause direkt vor die Haustür liefen.

Um diese stets wachsende Menge von Paketen zu minimieren, führte die Deutsche Post kurzerhand das Superpaket ein. Bei diesem handelt es sich um ein Verbund- und Sammelpaket. Alle Briefe, Päckchen und Pakete an die gleiche Adresse, etwa bei einem Studentenwohnheim oder ein Hochhaus mit Dutzenden Stockwerken und noch mehr Parteien, werden bereits im Postzentrum zu einem einzelnen Paket zusammengeschnürt, das bis zu 95 Kilogramm wiegen darf.

Bekanntes Neuland

Die Post marschiert damit in Neuland, was Mitarbeiterbelastung angeht, versucht aber schon im Vorfeld, dieses Vorgehen zu rechtfertigen. „Anstatt viel Zeit mit Tausenden Briefen und Dutzenden Päckchen zu verlieren, muss der Mitarbeiter im besten Falle nur noch ein einzelnes Paket von bis zu 95 kg stemmen“, argumentiert man. „Das bedeutet, dass man seine Post schneller bekommt, weil der Postbote für jede Adresse nur ein Superpaket hat. Das kann mitunter auch nur ein fünfzehn Kilogramm schweres Werbepaket mit Flyern sein. Das ist ein Meilenstein der Effizient und schont kostbare Ressourcen und damit auch die Umwelt. Weniger Pakete, weniger Fahrten.“

Die Umstellung geschah geradezu über Nacht und überraschte die Kunden nicht weniger als die Mitarbeiter der Deutschen Post AG mit Firmensitz in Bonn, bei der knapp 600.000 Mitarbeiter angestellt sind. Alles wurde in einem knappen Statement auf den sozialen Kanälen der Deutschen Post angekündigt.

„Indem wir das Maximalgewicht von derzeit 31,5 Kilogramm auf 95 Kilogramm, also das Dreifache erhöhen und das Superpaket erschaffen, reduzieren wir das Gesamtaufkommen der Pakete um fast vierzig Prozent.“

Deutsche Post AG

In einem weiteren Schreiben ging die Deutsche Post weiter ins Detail. „Bis dato gab es zwei Möglichkeiten, wenn man beispielsweise einen 80 kg schweren Schrank bestellte. Zumeist kam die Lieferung in mehreren Sendungen. Das führte oft zu unnötigen Wartezeiten, etwa, weil das Paket an zwei unterschiedlichen Tagen kam. Alternativ gab es gab die Logistiklösung des Zwei-Mann-Handlings, bei dem die Lieferung zwar nur ein Paket war, jedoch zwei Mitarbeiter zur Auslieferung benötigte.“

Mit der Verdreifachung des zulässigen Gesamtgewichts auf 95 kg will die Deutsche Post AG mit DHL die Konkurrenz hinter sich lassen. 31,5 Kilogramm ist das auch bei der Konkurrenz Hermes und DPF seit Jahren etablierte Gesamtgewicht in der bitteren Branche von Brief, Paketen und Bandscheibenproblemen. Hermes hat sogar zwei Riegen; 25 kg bei einer Abgabe in einem Paketshop, und 31,5 kg, wenn es an der Haustüre abgeholt wird, damit der Kunde selbst nicht so schwer tragen muss. Bei DPD ist es ähnlich – 31,5 kg bei Abholung, 20 kg bei Selbstabgabe in einem Geschäft. Lediglich UPS sticht etwas aus der Reihe, da beträgt das Maximalgewicht sogar 70 kg.

Auf Dauer stemmbar?

Weniger super als der Name Superpaket suggeriert, finden das einige Nutzer und auch so mancher Mitarbeiter selbst. So rückt vor allem die Frage nach dem Wie in den Vordergrund. Wie soll es ein Postbote schaffen, ein fast zwei Zentner schweres Paket auf den Balkon zu werfen oder in den siebten Stock zu hieven?

Die Post beschäftigt mehr als eine halbe Million Mitarbeiter, und so ein Paket geht durch viele Hände und strapaziert viele Rücken, ehe es endlich zerdrückt, malträtiert und mit Trittspuren beim Kunden ankommt. Beileibe ist keiner der Involvierten regelmäßig im Fitnessstudio, um den von Stress und Nichtpausen ausgemergelten Körper schützende Muskelmasse anzutrainieren.

Viele dachten an einen schlechten Witz, Aprilscherz oder PR-Gag, doch lacht bei der Deutschen Post für gewöhnlich nur eine Person. Es kursieren schon Gegenbewegungen, die zu einem Boykott und Kündigungen mit #Werdekeinervonuns aufrufen. Stärkung des Gegenwindes kam vor allem von ver.di. Die sieht in einer solch körperlichen Mehr- und Überbelastung ein massives gesundheitliches Problem und hat bereits Klage eingereicht.

Die Deutsche Post hingegen verweist auf die Schonung von Ressourcen und betont dabei vielmals die Verlässlichkeit. „Vorbei sind die Zeiten verloren gegangener Briefe oder Päckchen, die der Empfänger nicht findet. Ein Brief mit 60 Gramm mag verloren gehen – ein Superpaket oder Palette mit 95 Kilogramm hingegen nicht. Zudem werden unsere Mitarbeiter dazu angeleitet, den möglichst kürzesten, schnellsten und somit effektivsten Weg zu wählen, Pakete abzuliefern. Dabei dürfen sie auch durchaus kreativ sein.“

Pumpen für Pakete?

Um eine drohende Flut von Kündigungen abzufangen, will man mit einer neuen Kampagne nun vor allem junge und fitnessorientierte Bewerber ansprechen – vorrangig Influencer, damit auch diese sich der Überlegung hingeben, reell zu arbeiten.

Deshalb heißt die Devise nicht mehr nur Werde einer von uns, sondern Werde unser Kraftpaket! – denn um ein Paket zu stemmen, muss man selbst zum Paket zu werden. Man nutzt Hashtags wie #Kraftpaket und #TeamGelb und sucht die Kooperation mit Supplement-Herstellern wie ESN und yFood, bei denen Mitarbeiter etwa vergünstigt Produkte beziehen können. Man trat bereits in Kontakt mit lokalen Fitnessstudios für vergünstigte Konditionen, damit die Mitarbeiter dazu motiviert werden, das eine oder andere Extrakilo an Muskelmasse zuzulegen.

Wie sich das Ganze entwickelt, bleibt abzuwarten. Noch läuft die Umstellung. Vielleicht haben es die Kunden bald mit einem komplett geschwollenen Postboten zu tun, der eine ganze Palette im Alleingang in den Hausgang hievt. Oder es dominieren von Paketen erschlagene Postboten die Nachrichten. Interessant bleibt auch die Frage, ob DPD als Team Rot und Hermes als Team Blau mit in den Ring steigen und den Botenbizeps anschwellen lässt.

Schon jetzt zeichnet sich ab – den Kunden ist es egal, denn ein Shitstorm ist ausgeblieben. Solange das Paket kommt, möglichst noch heute, verzichtet man gerne auf Gesundheit und Wohlergehen der anderen.

bbq;

Bildquellen:

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